Für den 23.5.2022 hatte die IBiNa e.V. im Rahmen der Veranstaltungsreihe „IBiNa vor Ort“ zu einem Besuch am Marburger Institut für Virologie eingeladen. Die rund 30 Gäste erwarteten spannende Einblicke in die Historie, die aktuellen Tätigkeitsbereiche und in die Planungen des Institutes für Virologie an der Philipps-Universität.
Aufgrund der Pandemie konnten Veranstaltungen der IBiNa in den vergangenen zwei Jahren ausschließlich als Online-Formate stattfinden. Die Freude unter den Gästen aus Wirtschaft und Wissenschaft über eine persönliche Zusammenkunft war entsprechend groß.
Die Teilnehmer*innen erhielten Einblicke in die Aktivitäten und Planungen des Institutes für Virologie sowie in den Arbeitsalltag der im Labor Forschenden. Vor Ort begrüßten Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und Prof. Dr. Stephan Becker die Gäste – unter ihnen Vertreter*innen von Unternehmen, der Universität sowie des Magistrats und der Fraktionen im Stadtparlament der Universitätsstadt Marburg.
Prof. Dr. Stephan Becker berichtete über die Forschungsschwerpunkte des Institutes für Virologie, welche eng verbunden sind mit dem im Jahr 1967 ausgebrochenen „Marburg-Virus“. Es war das erste Mal, dass ein hochpathogener tropischer Krankheitserreger nach Deutschland eingeschleppt wurde. Die Suche nach dem zunächst unbekannten Erreger wurde von einem Forschungsteam am Zentrum für Hygiene am Marburger Pilgrimstein durchgeführt. Später siedelte das dann neu gegründete Institut für Virologie in die Robert-Koch-Straße um und zog 2006 anschließend weiter auf den Campus Lahnberge. Kerninfrastruktur der Forschungsarbeiten am Institut ist das BSL-4-Labor, eines von bundesweit 4 Laboren mit der höchsten Sicherheitsstufe.
Dr. Nadine Biedenkopf berichtete eindrücklich über das Forschungsspektrum am Institut. Dort wird intensiv an hochpathogenen Viren geforscht. Hochpathogene Viren mit epidemischem/pandemischem Potenzial haben ihren Ursprung häufig im Tierreich und können nach Übertragung auf Menschen schwerste bis tödliche Erkrankungen auslösen. Seit den Anfängen ist das Institut fortlaufend an der Erforschung prominenter Virus-Ausbrüche beteiligt, wie z.B. an der Erforschung des SARS-Coronavirus in 2003, des Ebola-Virus in 2014 und am Ausbruch des SARS-CoV-2 seit 2020, erklärt Dr. Biedenkopf. Forschungsschwerpunkte sind dabei z. B. die grundlegenden Mechanismen von Virusvermehrung und Wechselwirkungen zwischen Virus und dem Wirt zu verstehen. Diese Erkenntnisse sind die Grundlage für die Entwicklung von antiviralen Hemmstoffen.
Dr. Markus Eickmann, Leiter des Hochsicherheitslabors (BSL-4), schilderte sehr anschaulich die Bedingungen, unter denen dort gearbeitet wird. Die benötigte Zeit für den Eintritt und den Austritt aus dem Labor (An- und Ablegen der Schutzkleidung, Desinfektion) macht einen wesentlichen Teil der Arbeitszeit im Labor aus. Der Bedarf an Forschungsarbeiten unter diesen Hochsicherheits-Bedingungen ist sehr groß und weiterhin steigend, so dass die Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Und so plant das Institut derzeit den Bau eines weiteren BSL-4-Labors in unmittelbarer Nachbarschaft des bestehenden Labors. Das neue, fünfgeschossige Gebäude (Marburg Centre for Epidemic Preparedness (MCEP)) mit einer Gesamtfläche von insgesamt knapp 12.000 m² beherbergt vor allem vielfältige Infrastruktur zur Aufrechterhaltung der sicheren Arbeitsumgebung und den Schutz der Umwelt. Es wird für alle Eventualitäten (Stromausfälle, Brände) Vorsorge getroffen. Die eigentliche Laborfläche im Kern des Gebäudes ist dabei nur 450 m² groß, berichtet Dr. Eickmann. Der voraussichtliche Termin für die Fertigstellung des MCEP ist im März 2026.
Anschließend gab es bei einem Imbiss Zeit für Gespräche.